Texte

Nachgerufen:

"Hallo Frau Meysel, Redakteur Schroeder hier...jaaa, Zeitungsredakteur aus dem Rheinland! Ich wollte mit ihnen mal kurz den Nachruf durchgehen, hab' ich jetzt schon über zwölf Jahre in der Schublade liegen, will mal wissen, ob ich den noch so nehmen kann, wenn Sie jetzt plötzlich doch mal hops gehen sollten. Wie? Ja, Ihren Nachruf, den Nachruf auf Sie! Hab' ich mit Willi Millowitsch, Heinz Rühmann und wie die alten Knacker hießen auch gemacht, den Nachruf vorher ordentlich abgesprochen, haben uns Journalisten ja ganz schön hingehalten, die ollen Knaben. Wissen Sie, das ist total blöd für uns, wenn so ein Text immer wieder überarbeitet und aktualisiert werden muss, obwohl das Ding eigentlich fertig ist und es für den betreffenden Promi längst Zeit wäre, das Zeitliche zu segnen. Genauso doof ist das, wenn einer Ihrer Kollegen urplötzlich stirbt und wir so'n Nachruf gar nicht in Ruhe vorbereiten können, ich sag nur Eberhard Feik und Sedlmayr. Ach, wo wir gerade dabei sind, die Nummer von Harald Juhnke bräuchte ich ganz dringend, können Sie da als seine Kollegin auf dem kleinen Dienstweg sozusagen, haha, können Sie mir da vielleicht helfen? Wollte den alten Harald bitten, doch bitte jetzt nichts Großartiges mehr anzustellen, also was ich bei Juhnkes Nachruf schon alles geändert hab..."

Erfundener Dialog? Okay, stimmt! Aber in Gedanken sicherlich tausendfach durchgespielt bei allen, die entsprechende Nachrufe bunkern und diese endlich, endlich ihrer Bestimmung zukommen lassen wollen. Vielleicht hilft so ein Anruf ja doch ein bisschen nach...